
Basierend auf einer aktuellen Studie wird in den Medien diskutiert, ob «Echinaforce» ® gegen COVID-19 nützen könnte. Wir befragten Dr. med. Axel Finckh zur Studie und weshalb Menschen mit Autoimmunerkrankungen auf die Einnahme von Echinacea verzichten sollten.
Rheumaliga Schweiz: «Echinaforce» enthält pflanzliche Wirkstoffe, die aus dem Purpursonnenhut (Echinacea purpurea) gewonnen werden und ist rezeptfrei in Apotheken erhältlich. Einige Studien haben angedeutet, dass Echinacea-Extrakt die Dauer von Erkältungen verkürzen kann. Aktuell ist nun in den Medien zu lesen, dass Echinacea-Extrakte SARS-CoV-2-Viren unschädlich machen könnten. Was halten Sie von diesen Ergebnissen?
Dr. med. Axel Finckh: Die Studie, die momentan in der Presse diskutiert wird, erschien im Virology Journal. Es handelt sich dabei um eine reine in-vitro-Studie (Petriglasstudie). Hierbei zeigte sich, dass Echinacea-Extrakte SARS-CoV-2-Viren in der Petrischale deaktivieren können. Diese Ergebnisse können jedoch nicht direkt auf die Anwendung im Menschen übertragen werden. Auch andere Substanzen haben sich im Labor als wirksam erwiesen, in der klinischen Anwendung zeigte sich jedoch keine antivirale Wirkung (z.B. Hydroxychloroquin oder Plaquenil®). Wenn ein Medikament in der Zellkultur wirkt, kann es dennoch bedeuten, dass es auf der Schleimhaut von Rachen und Nase nicht wirkt. Hierfür sind weitere klinische Studien notwendig.
Was halten Sie davon, Echinacea-Extrakte prophylaktisch einzunehmen?
Nicht alle pflanzlichen Mittel sind gänzlich frei von Nebeneffekten. Obwohl Echinacea-Extrakte im Allgemeinen gut verträglich sind, können sie dennoch folgende Nebenwirkungen hervorrufen: Kopfschmerzen, Schwindel, Magen-Darm-Störungen und Überempfindlichkeitsreaktionen (z.B. Ausschläge). In hohen Dosen kann es für die Leber toxisch sein. Solange der potenzielle Nutzen in der klinischen Realität nicht nachgewiesen ist, empfehle ich nicht, solche Mittel prophylaktisch einzunehmen.
Was müssen Menschen mit Autoimmunerkrankungen beachten?
Menschen mit Autoimmunerkrankungen sollten auf die Einnahme von Echinacea-Extrakten verzichten. In der Packungsbeilage von Echinaforce (hergestellt von A. Vogel AG) findet sich folgender Satz: «Aus grundsätzlichen Erwägungen sollte Echinaforce Resistenz-Erkältung bei Autoimmun-Erkrankungen, Leukosen oder Multipler Sklerose nicht angewendet werden.»
Dies aus folgendem Grund: Das Problem der autoimmunen Erkrankungen ist ein zu starkes, ein überschiessendes Immunsystem. Stärkt man es zusätzlich (z.B. mit Echinacea-Extrakten), besteht das Risiko, dass ein Schub der Grunderkrankung ausgelöst wird. Bei den rheumatischen Krankheiten betrifft dies die entzündlichen Formen, wie z. B. Lupus oder Rheumatoide Arthritis.
Wie können Menschen mit Autoimmunerkrankungen stattdessen ihre Immunabwehr stärken?
Die Empfehlungen zur Stärkung des Immunsystems für Menschen mit Autoimmunerkrankungen unterscheiden sich kaum von den Richtlinien für Gesunde: Regelmässige Bewegung, eine ausgewogene Ernährung und ausreichender Schlaf sind gut für das Immunsystem und die Gesundheit
Vorsicht gilt bei «immunstärkenden Mitteln». Es gibt eine Vielzahl an Präparaten auf diesem Gebiet. Ich empfehle, diese Heilmittel nur in Absprache mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt einzunehmen.
Datum des Interviews: 16.09.2020